#1

Leseprobe aus "DIE MAGISCHE MINKA" von Charlotte Armao

in Auszüge aus unseren Büchern 04.02.2023 19:20
von Carlotta Lila • Federlibelle | 2.078 Beiträge | 9081 Punkte

LESEPROBE AUS: DIE MAGISCHE MINKA
„Plutonov, Sie haben unsere Zielperson also gefunden“, sagte Tatjana Uranova.
„Ja, Kommandantin, hier steht alles drin.“
„Geburtsdatum?“
„Am 15.02. 3084 geboren. Sternzeichen Fisch.“
„Ob das Datum echt ist?“
„Eventuell fiktiv.“
„Herkunft der Zielperson?“
„Syrius.“
„Seit wann nehmen wir von Syrius Flüchtlinge?“
„Tun wir doch nicht. Die Zielperson muss sich ins Biostreaming eingeklinkt haben.“
„Das ist unmöglich!“ Tatjana Uranova strich sich heftig eine schwarze Haarsträhne aus der Stirn. Ihre blauen Augen blitzten wütend.
„Ich wüsste nicht, wie er‘s sonst geschafft haben sollte.“
„Wir haben also ein trojanisches Pferd. Sind noch weitere Flüchtlinge gemeldet?“
„Uns ist bis jetzt nichts bekannt.“
Tatjana spürte ein leichtes Zittern in Plutonovs ansonsten ausdrucksloser Stimme. „Die Zielperson muss extrem intelligent sein, wenn sie sich am System vorbeimogeln konnte. Ordnen Sie umgehend eine Überwachung an!“
„Sollen wir die Person lieber nicht ausschalten, Kommandantin?"
„Habe ich das gesagt, Sie Trottel? Tun Sie nichts ohne meine Anweisungen, Plutonov. Und jetzt an die Arbeit!“
Auf unserem schönen Planeten leben lauter senile Dummköpfe, dachte Tatjana und erhob sich mit einem wütenden Ruck. Dann heftete sich der Blick ihrer Katzenaugen gierig auf das entstehende Sashimi, das sie vor dem Gespräch mit Anton Plutonov bestellt hatte.
Eine Reihe appettitlcher Lachshäppchen auf Karottensalat materialisierte sich langsam – der Prozess dauerte normalerweise an die 20 Minuten – auf dem Glastisch. Der Hunger war ihr jedoch vorerst vergangen.

Sie las die Reklame der neuen indischen Lieferfirma Ganesha in Space: Mit Liebe wird Ihr Essen im schadstofffreien Solutionsgerät sofort in Supralichtgeschwindigkeit in seine nahrhaften Minimoleküle zerlegt. Durch sauerstoffreichen Quantenmagnetismus strömt es innerhalb eines Augenblicks durch zu 100 Prozent naturbelassene Wurmlöcher zum Kunden, wo es sich 1:1 essfertig wieder zusammensetzt.
Es gab ja tatsächlich viel weniger Fehler beim Biostreaming als früher. Die Logistik war straff organisiert, wodurch man das große Risiko der Durchsetzung mit Fremdmolekülen mehr oder weniger auf null reduzieren konnte. Die Zeiten waren vorbei, wo Menschen durch eine fehlerhafte Rematerialisierung einen elenden Tod starben.
Tatjana Uranova erinnerte sich daran, als sich ein Junge von Italien nach Moskau gestreamt hatte. Seine Freundin erlitt einen schweren Schock, als ihr aus dem Reanimator – damals noch ein Ungetüm von Maschine – ein verstümmelter Unhold entgegenwankte, um in ihren Armen zu sterben. Sie seufzte. Es gab nämlich noch immer ein großes ABER. Biostreaming führte in den Rollstuhl. Der menschliche Organismus mochte es einfach nicht, dauernd in seine Moleküle zerpflückt zu werden. Auch wenn man dadurch hundertmal schneller von A nach B gelangen konnte: Nervenzellen, Gehirnbahnen und Muskelfasern, die ja fein aufeinander abgestimmt waren, wurden bei der Remateralisierung jedes Mal um Nanomillimeter verschoben. Mit der Zeit machte sich das bei der Intelligenz und vor allem bei der Koordination von Bewegungsabläufen bemerkbar.
„Aller Fortschritt hat eben seinen Preis“, murmelte sie und widmete sich sofort wieder der Akte des Eindringlings. Er musste wirklich sehr intelligent sein. Oder wir schon so blöd, ergänzte sie zynisch in Gedanken.
Sie sehnte sich nach einer Pause und öffnete das Glasfenster des Hochhauses im hundertsten Stockwerk. Sie tippte auf ihrem Airtop „Modell Wombo – Wolkenbett“ ein.
In Zeitlupe materialisierte sich ein weiches rosa Bett. Als es fertig war, plumpste Tatjana hinein, seufzte wohlig und fiel in leichten Schlummer.
Das durchdringende Piepsen ihres Airophones, ein kleiner Mikrochip unter der Haut ihres Handgelenks, weckte sie: „Hallo ich bin es, Ihr trojanisches Pferd. Wollen Sie mich nicht kennenlernen, Tatjana?“
Sie fuhr hoch: „Woher haben Sie meine Kontaktdaten?“
„Darf ich mich zuerst vorstellen: Nip-Tün.“
Sympathische Stimme, stellte Tatjana fest. „Wo sind Sie denn?“
„Gleich hier, wenn‘s Ihnen genehm ist!“
„Und was wollen Sie von mir?“
„Ich mag keine fiktiven Gespräche. Ich werde Ihnen alles sagen, wenn ich da bin.“
„Also gut, in etwa zwanzig Minuten“, schlug sie vor.
„Sagen wir in zwei Sekunden?“
„Wie soll das möglich sein?“
Die Stimme sagte jetzt nichts mehr. Tatjana schaffte es gerade, sich in ihrem weichen Bett aufzurichten, als sie einen Windhauch spürte. Eine feingliedrige Hand tauchte vor ihr auf und innerhalb von Augenblicken saß ein junger Mann mit grünen, lockigen Haaren und weichen Gesichtszügen vor ihr.
Er lächelte sie an: „Gestatten, dass ich mich vorstelle: Nip-Tün.“
Tatjana hatte nicht die geringste Lust, sich mit Smalltalk aufzuhalten. „Das haben Sie schon am Telefon erklärt. Wie konnten Sie so schnell hier aufkreuzen?“
„Die Methode Sternenstaub ist etwa siebzig Mal schneller als euer altmodisches Biostreaming.“ Nip-Tün lächelte breit.
„Sternenstaub?“
„Klingelt es da bei Ihnen nicht?“
Sternenstaub sagte ihr tatsächlich etwas. Aber das konnte nicht sein! Der junge Mann schien ihre Gedanken zu lesen: „Es kann sehr wohl sein, Tatjana. Vor etwa zehn Jahren, erinnern Sie sich? Hochauflösende Moleküle und Zeitkrümmung, eine revolutionäre Methode. Jahrzehntelange Forschung. Ihre Firmen haben die Technologie als unbrauchbaren Mist abgetan und in den Schubladen verschwinden lassen.“
Tatjana schwieg.
„Aber wir haben uns nicht beirren lassen. Ja, von unseren mickrigen Mitteln haben wir alles investiert, um die Methode zu perfektionieren.“ Sie fing sich langsam wieder. Die Wissenschaftlerin in ihr erwachte. „Aber es ist unmöglich!“
„Ist es nicht. Sternenstaub ist noch feiner als herkömmliche Moleküle. Bei der Rematerialisierung durch den Magnetismus ist der Staubpartikel äußerst präzise. Niemand muss mehr im Rollstuhl landen.“
Tatjana dachte mit. Und ihre Schlussfolgerungen gefielen ihr nicht: „Sternenstaub kann man also in Vorrichtungen für Biostreamings einschleusen, ohne dass es jemand bemerkt.“
Nip-Tün nickte: „Gut mitgedacht, Tatjana. Deshalb sind wir ja jetzt auch hier.“
„Was heißt wir?“, fragte Tatjana alarmiert und stemmte ihre Arme in die nachgiebige Matratze.
„Eigentlich wollte ich Ihnen nur eine Botschaft bringen: Tausende sind in diesem Moment dabei, sich zu materialisieren. Da wir aber höflich sind, hielt ich es für angebracht, uns anzukündigen.“
Tatjana überlegte fieberhaft, was sie tun konnte, um die furchtbare Katastrophe, die sich hier ankündigte, abzuwenden. Sie brauchte Zeit. „Ja, aber wie habt ihr es eigentlich geschafft, eure Methode so vollkommen zu entwickeln?“, fragte sie.
Glücklicherweise schien Nip-Tün sehr begierig zu sein, sein Wissen vor ihr auszubreiten.
„Sie erinnern sich doch, Kommandantin Tatjana. Es waren Ihre Leute von Airtopia, die alle unsere Rohstoffe auf Syrius ausgebeutet haben. Wir haben gelernt, mit wenig auszukommen. Aber jetzt ist einfach gar nichts mehr da.“
Sie stöhnte und griff sich an den Kopf.
„Wir wollen euch nicht ausnützen. Vielleicht können wir uns zur Verfügung stellen und für euch arbeiten. Wir sind schnell, effektiv und gewöhnt, unter harten Bedingungen zu leben. Wir sind intelligent, koordiniert, trainiert und vor allem … zahlreich!“ Nip-Tün blickte aus dem Fenster und ein warmes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus: „Die meisten von den Unseren sind schon auf Airtopia angekommen.“ Tatjana trat ebenfalls ans Fenster und stützte sich an Nip-Tüns Schulter, um nicht in Ohnmacht zu fallen.
Eine unüberschaubare Masse an neuen Menschen wälzte sich durch die Straßen.
Gut erkennbar stachen sie unter den Bewohnern hervor: Die Syrianer wirkten weniger schwerfällig, sie schienen gleichsam ein paar Zentimeter über dem Boden zu schweben. Ihre filigranen Körper waren olivengrün, die Haare schimmernd, die Gesichtszüge ebenmäßig. Wie Popcorn ploppten unentwegt neue dazu.
Tajana sah Nip-Tün an, der ihr Minenspiel interessiert verfolgte. „Sie wissen doch selber, Nip-Tün, dass wir nicht alle auf dem Planeten Platz haben. Tischen Sie mir also nicht das Märchen vom willigen Arbeitssklaven auf. Um was geht es hier wirklich?“
„Planetentausch. Wir bekommen den Planeten Airtopia und ihr nehmt Syrius“, sagte Nip-Tün wie aus der Pistole geschossen.
„Aber Sie sagten doch, bei euch gibt es nichts mehr.“
„Na, ihr dürft ein paar Rohstoffe mitnehmen, und eure Ausrüstung. Und das Wichtigste: Wir verkaufen euch - wenn ihr uns folgsam zu Willen seid - die Sternenstaubtechnologie zu einem günstigen Preis … damit ihr nicht völlig verblödet.“ Nip-Tün hielt einen goldenen Stick in der Hand: „Wenn alles wie geplant verläuft – hier drin ist die Information!“ Seine Worte klangen nun nicht mehr freundlich.
Tatjana griff nach dem Stick, aber Nip-Tün ritzte mit dem Fingernagel einen Schlitz in die Haut seines Handgelenks und steckte den Stick hinein. Der Schlitz verschloss sich sofort wieder, als er mit dem Finger darüberstrich.
Er lachte: „Erst, wenn alles über die Bühne gelaufen ist!“

Tatjana sah, wie immer mehr dieser grünhaarigen Invasoren von Syrius in den Straßen auftauchten. Stärker, intelligenter, kräftiger … ein Volk, gezüchtet aus der Unterdrückung im Kampf ums Überleben. Was sollte sie jetzt bloß tun?
Endlich kam ihr eine Eingebung. Unauffällig näherte sie sich ihrem Computer und drückte eine bestimmte Taste.
Nip-Tün, der noch immer verzückt durchs Fenster blickte, drehte ihr den Rücken zu.

„Einverstanden, Nip-Tün, wir tauschen!“ Ihre Stimme klang unterwürfig, doch ihr Lächeln war nun ebenso sarkastisch wie seines.
„Ich sehe, wir verstehen uns Tatjana. Schön, dass Sie so schnell begriffen haben.“ Nip-Tün drehte sich zu ihr. Er wirkte ehrlich erleichtert. „Man muss wissen, wann es Zeit für einen Kompromiss ist.“ Sie war sich sicher, dass der klägliche Ausdruck auf ihrem attraktiven Gesicht perfekt wirkte.
Nip-Tün hatte es auf einmal äußerst eilig. „Jetzt benachrichtigen Sie bitte Ihren Kollegen Plutonov. Morgen können wir dann gleich mit der Umsiedlung beginnen. Ich bin mir ganz sicher, es wird alles gut funktionieren.“
„Abgemacht!“ Tatjana ließ den Kopf hängen und schürzte ihre Lippen zu einem herzförmigen Schmollmund.
„Sind sie denn traurig, Tatjana, dass alles so gekommen ist?“ Nip-Tün beugte sich fürsorglich zu ihr, was ihr nicht einmal unangenehm war. Dabei roch er auch noch so gut nach … Vanille. Aber war er ein Ungeheuer, das gerade ein Genozid in die Wege leitete.
„Ich brauche natürlich ein wenig Zeit, um diese Zwangsumsiedlung zu akzeptieren, aber vielleicht wird unserem Volk die Abhärtung auch guttun! Ich trage Ihnen nichts nach. Sie tun nur, was Sie tun müssen. Ich würde ganz gleich handeln.“
Überrascht stellte Tatjana fest, dass dies sogar stimmte. Auch sie würde alles für ihr Volk tun!

„Herr Nip-Tün, tun Sie mir den Gefallen und teilen Sie mit mir das köstliche Sashimi, dass ich mir zu Mittag bestellt habe. Ich glaube, ich habe auch eine Flasche Champagner da.“ Sie sah ihn flehentlich an. Wie zufällig rutschte dabei der Träger ihres ärmellosen T-Shirts von der Schulter und zeigte ihren hübsch geformten straffen Busen.
Nip-Tün schluckte und leckte sich mit der Zunge über die Lippen.
Tatjana eilte in ihre selten genutzte Küche, um zwei Gläser mit prickelndem Champagner zu füllen. In Nip-Tüns Glas streute sie blitzschnell eine Prise des Schlafpulvers hinein, das sie sich manchmal gönnte, wenn sie schlecht schlief. Es wirkte zwar erst in etwa zwei Stunden, würde ihn dann aber für den Rest des Tages außer Gefecht setzen.
Sie stießen nun auf Frieden, Zusammenarbeit und Völkerverständigung in der Zukunft an. Nach dem Essen kuschelte sich Tatjana auf Nip-Tüns Schoß und gemeinsam bliesen sie sich Zigarettenrauch in den Mund. Dann nahm sie Nip-Tün an der Hand und zog ihn herunter in das flauschige Wolkenbett. Im Rausch des Sieges nahm er ihren nachgiebigen Körper gierig in Besitz.

Nachdem das Liebesspiel zu Ende war, löste sich Tatjana aus den muskulösen Armen des schlafenden jungen Mannes. Einen Augenblick spielte sie mit dem Gedanken, ihm den Stick zu entwenden, doch Nip-Tün würde es sicher merken. Das Schlafmittel wirkte ja noch nicht. Auch hatte sie keine Zeit zu verlieren. Wenn alles klappte, wie geplant, hatte sie Nip-Tün sowieso als Geisel.
Zufrieden stieg sie in den Lift und trat auf die Straße hinunter. Die Massen der Syrianer waren beinahe ganz verschwunden. Ein erleichtertes Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus.
An der Straßenecke traf sie Plutonov, der ihr schon mit seiner Krücke entgegenwinkte.
„Das haben Sie gut gemacht, Anton!“
„Welch seltenes Kompliment, Kommandantin. Ich weiß es zu schätzen.“ Plutonov zeigte ein dünnes Lächeln.
„Woher hatten sie die Viren so schnell?“
„Aus alten Archiven. Nachdem sie den Notknopf betätigt hatten, habe ich schnell kombiniert, was da möglicherweise auf uns zukommt. Die Viren habe ich dann kopiert und versprühen lassen.“
„Gibt es gar keine Leichen?“
„Ein Fressbakterienprogramm hat alles sofort beseitigt.“
Tatjana nickte bestätigend „Ganz verblödet sind wir also doch noch nicht.“
„Wie konnten sich die Leute von Syrius so schnell und zahlreich herbeistreamen?“
„Es ist Sternenstaubtechnologie, Plutonov. Und die ist jetzt in unserer Hand!“ Tatjana triumphierte: „Sie wird unser Volk neu erstarken lassen. Haben Sie die Syrianer gesehen? So kräftig und gesund.“
„Das ist wunderbar, Kommandantin!“
„Mehr als das. Plutonov, wir sehen uns dann bei Ihrer verdienten Beförderung zum General zur Ordensverleihung!“

Während Tatjana ohne Eile ins Büro zurückkehrte, glitt ihr Blick über die Leute ihres Volkes, die gerade von der Arbeit auf dem Weg nach Hause waren: Weiß, blass, verkümmerte Muskeln. Müde und schlaff schleppten sie sich auf Gehhilfen und in motorisierten Rollstühlen voran. Gezeichnet durch unzählige Biostreamings, die sie hinter sich hatten. Die meisten waren noch nicht einmal fünfzig Jahre alt. Aber jetzt hatten sie die Sternenstaubmethode. Das Volk auf Airtopia war gerettet!
Es würde Tatjana nicht ganz leichtfallen, Nip-Tün zu erklären, dass er der letzte Überlebende seines Volkes und eine Geisel war. Mit der Zeit würde er den Rückschlag aber wohl verkraften und mit ihrer Schönheit würde sie alles tun, um ihn vergessen zu lassen.
Mit solchen Gedanken erreichte sie mit dem Aufzug ihre Bürowohnung im hundertvierzigsten Stockwerk. Biostreaming wäre schneller gewesen, aber das vermied sie wohlweislich.
Sie gähnte ein paarmal herzhaft, als sie aus dem Lift stieg. Dieser Tag war ganz schön anstrengend!
Dann trat sie ans Bett, um nach Nip-Tün zu sehen. Wieder musste sie gähnen. Aber er war nicht da!
Panisch zog sie die rosa Bettdecke vom Laken, obwohl schon klar war, dass es darunter leer war, und starrte auf einen kleinen Fleck – das Einzige was von ihrer Liebesstunde übriggeblieben war.
Obwohl sie sich am liebsten ein wenig hingelegt hätte, durchsuchte sie die Wohnung.
Nip-Tün war fort.
Zu spät erkannte sie ihren Gedankenfehler: Sie hatte nicht bedacht, dass der verdammte Virus auch in ihr Büro eindringen würde. Nip-Tün war tot und die Fressbakterien hatten alles, seinen Körper, seine ganze Kleidung, vernichtet. Aber auch den goldenen Stick mit den kostbaren Informationen? Phagen konnten kein Gold vernichten, so viel war sicher.
Mit letzter Kraft kroch Tatjana unter alle Möbel und riss alle Schubladen heraus. Nichts. Völlig erschöpft hielt sie inne und fuhr sich mit der Hand über die schweißnasse Stirn. Ihr war verdammt schwindlig.

Sie musste sich eingestehen, dass dies nur einen Schluss zuließ: Nip-Tün war aufgewacht – das Schlafmittel hatte aus irgendeinem Grund bei ihm nicht gewirkt – und sich aus dem Staub gemacht. Bei sich trug er den Stick mit der lebensrettenden Technologie!
Mit einem Mal fiel ihr Blick auf Nip-Tüns leeres Champagnerglas. Ein kleines Stück Papier lag zusammengerollt darin.
Tatjana setzte sich müde auf einen Stuhl und gähnte herzhaft. Dann entfaltete sie den Zettel und las:

Liebe Tatjana,
als Sie den Champagner brachten, sagte mir mein Instinkt, dass Sie vielleicht etwas im Schilde führen könnten. Mir schien, dass Sie meine Vorankündigung nicht gut aufgenommen haben. Es war psychologisch nicht besonders feinfühlig von mir, sie mit einer derartig schockierenden Nachricht zu überfallen. Deshalb habe ich – verzeihen Sie mein Misstrauen – in einem Moment, als sie zu tief in meine Augen schauten – mit Hilfe meiner
niptünischen Verschleierungstaktik unsere Champagnergläser vertauscht.
Man weiß ja nie, was einen erwartet, vor allem, wenn der Feind eine so schöne und kluge Frau ist!
Als ich nach einem kurzen Nickerchen erwachte, wunderte ich mich, dass Sie nicht mehr neben mir lagen, und sah aus dem Fenster.
Da merkte ich, dass meine Leute schon fast alle verschwunden waren und wusste sofort, dass ich einen unverzeihlichen Fehler begangen hatte: Den Fehler, euch zu unterschätzen. Ich kehre nun auf Syrius zurück, um zu retten, was noch zu retten ist.
Leben Sie wohl!
Nip-Tün

Kommandantin Tatjana Uranova wurde es mit einem Mal speiübel. Sie rang nach Luft und stürzte mit letzter Kraft zum Fenster. Die Luft regte sich nicht. Sie beugte sich weit hinaus um einen Windhauch zu fühlen. Ein wenig Sauerstoff atmen und wieder munter werden!
Als sie ohnmächtig wurde, verlor sie völlig das Gleichgewicht. Sie kippte aus dem Fenster und ihr Körper stürzte aus dem hundertvierzigsten Stockwerk genau auf den armen Plutonov und beförderte ihn so – statt zum General – direkt ins Jenseits.


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zuletzt bearbeitet 06.02.2023 10:58 | nach oben springen

#2

RE: Leseprobe aus "DIE MAGISCHE MINKA" von Charlotte Armao

in Auszüge aus unseren Büchern 06.02.2023 11:02
von Bree • Federlibelle | 4.138 Beiträge | 16505 Punkte

Liebe @Carlotta Lila

Endlich habe ich Zeit gefunden, um deine Leseprobe anzuschauen. Mit einer Sci-Fi-Story hätte ich nicht gerechnet, damit hast du mich echt überrascht. Ich gebe zu, dass es mir - es ist wohl dem Genre geschuldet - ein wenig schwerfiel, hineinzukommen, doch ich blieb dran und wurde belohnt. Eine irre Idee und ein Ende, das ich so nicht kommen sah. Das Wortspiel mit der Beförderung hat mir besonders gut gefallen.

Ich habe mir erlaubt, die Formatierung ein wenig zu bearbeiten. Das ist hoffentlich ok für dich.

LG
Bree


Der Kriminalschriftsteller ist eine Spinne, die die Fliege bereits hat, bevor sie das Netz um sie herum webt.
(Sir Arthur Conan Doyle)

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#3

RE: Leseprobe aus "DIE MAGISCHE MINKA" von Charlotte Armao

in Auszüge aus unseren Büchern 08.02.2023 18:08
von Michael Kothe • Fleißbiene / Fleißdrohne | 137 Beiträge | 203 Punkte

Hi, @Carlotta Lila ,

irgendwie ein schwerer Brocken, Deine Kurzgeschichte. Eine Invasion in quasi Millisekunden mit zweiminütiger Vorwarnung. Als ich dann bei BoD nach Deinem Buch geschaut habe, war mir der moralische Hintergrund klarer. Für eine Kurzgeschichte gut zusammengefasst, wenn mir der Inhalt in längerer Form auch besser gefallen hätte.

Zum Schreibstil eine Bemerkung: Mir ist aufgefallen, dass Du beinahe alle Sätze mit dem Subjekt beginnst. Eine Wortumstellung im Satz finde ich abwechslungsreicher, sie macht das Lesen intensiver. Darum vermeide ich, wo's geht, das klassische SPO.

Viele Grüße
Michael


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#4

RE: Leseprobe aus "DIE MAGISCHE MINKA" von Charlotte Armao

in Auszüge aus unseren Büchern 09.02.2023 00:29
von Carlotta Lila • Federlibelle | 2.078 Beiträge | 9081 Punkte

Liebe @Bree, danke fürs Lesen!
Ich hatte Probleme bei der Formatierung, als ich den Text hineingestellt habe. Da war sie komplett zerstört. Ich habe sie dann auch noch nachbearbeitet. Das war komisch.
Das E-Book, dass ich bei BoD herausgeben habe, wurde übrigens auch komisch formatiert, aber nicht von mir! An dem Ende, das ursprünglich anders war, habe ich sehr lange getüftelt. Es sollte etwas sein, dass man sich richtig merkt. Freut mich, dass es mir gelungen ist
Liebe Grüße
Carlotta Lila 💜


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Thomas Alva Edison
zuletzt bearbeitet 09.02.2023 00:30 | nach oben springen

#5

RE: Leseprobe aus "DIE MAGISCHE MINKA" von Charlotte Armao

in Auszüge aus unseren Büchern 09.02.2023 00:34
von Carlotta Lila • Federlibelle | 2.078 Beiträge | 9081 Punkte

Hi Michael Kothe, danke für dein Feedback!
LG
Carlotta Lila


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